Martin Kainz ist Barpianist im Raum München, Bayern und spielt unter anderem die Kompositionen der Wiener Barpianisten.
Darüber hinaus komponiert er auch selbst Barpianostücke.
Wir haben mit ihm gesprochen und ihn über seinen Beruf, seine Berufung und seine Musik gefragt.
Einen schönen guten Tag! Beginnen wir mit der klassischen Frage: Wie sind Sie zu dem Beruf des Barpianisten gekommen?
Das Pflänzchen „Barpiano“ begann eigentlich schon in meiner Kindheit zu sprießen, da bei uns zu Hause oft Richard-Clayderman-Schallplatten liefen und ich dadurch mit dieser Art von Musik schon früh in Berührung kam. Zudem war mein erster Klavierlehrer selbst Bar- und Hotelpianist und vor den Klavierstunden setzte er sich häufig selbst an die Tasten und zauberte ein paar wundervolle Jazzakkorde und sagte dann „Schön, gell Martin?“.
Eine weitere Zutat waren mehrere Reisen mit meinen Eltern nach Skandinavien. Dort gab es in den großen Hotels und Einkaufszentren immer Pianisten. Die dabei entstandene Atmosphäre war schon damals für mich etwas Besonderes. Dies alles lenkte mein Klavierspiel in Richtung Barmusik.
Und dann, ich weiß nicht, wie das kam, es war eigentlich völlig ungeplant, war ich als junger Erwachsener in der Nähe des renommierten „Haus Heuport“ in Regensburg und ein innerer Impuls ließ mich die Treppen hochgehen und fragen, ob die vielleicht einen Pianisten brauchen. Na ja, die sagten „Spiel mal!“. Und ich spielte. Eine Viertelstunde lang. Danach gab es Applaus. Daraufhin „gehörte“ mir der Sonntagabend. Ich spielte immer von Acht bis Zwölf für 100 D-Mark. Von da an ging es in verschiedenen Bars weiter. Bis heute.
Haben Sie so auch von den Wiener Barpianisten erfahren?
Nicht ganz. In Zeiten von YouTube schaut man sich ja auch um, was die Kollegen so machen. Ich nutze das häufig, um meinen Horizont ein wenig zu erweitern. Dabei spiele ich manchmal ganze Stücke oder aber auch nur kurze Melodiepassagen von anderen Pianisten nach. Und so habe ich 2018 begonnen, ein paar Kompositionen der Wiener Barpianisten einzustudieren.
Und irgendwann Anfang 2019, es muss nach einem Barpiano-Abend gewesen sein, habe ich – wieder einem inneren Impuls folgend – eine E-Mail an Herrn Wallner geschrieben. Darauf kam eine sehr freundliche Antwort zurück und daraus entwickelte sich ein reger E-Mail-Austausch sowohl mit Reinhard als auch mit Michaela Wallner. Und irgendwann boten sie mir an, das Online-Album mit Stücken der Wiener Barpianisten aufzunehmen.
Was gefällt Ihnen an den Kompositionen der Wiener Barpianisten?
Als Barpianist braucht man ja ein breites Repertoire. Man muss für die verschiedensten Situationen die richtige Musik parat haben. Und die Kompositionen der Wiener Barpianisten liefern genau diese Vielfalt: Ruhige und wehmütige Stücke wie „Klavierseele“ zum Dahinschwelgen. Bewegtere Stücke wie „Aldemira“, die die Damen aufm Barhocker den Fuß zum Rhythmus wippen lassen. Und man braucht natürlich ein bluesig-jazziges „Phantom“, so dass Männergruppen cool an der Bar lehnen können.
Dadurch dass die Stücke von verschiedenen Leuten komponiert werden, entsteht genau diese Vielfalt. Und die Wallners bringen all diese Kompositionen zusammen und stellen sie über „ihre“ Pianisten der Öffentlichkeit zur Verfügung. Dies ist einzigartig!
Wie schätzen Sie die Zukunft von Barpiano ein?
Na ja, einerseits sind die Leute satt, überall wird man berieselt. Und man hat mit der heutigen Technik immer und an jedem Ort die Möglichkeit, auf 100 Millionen Songs zuzugreifen. Aber vielleicht ist das gerade auch die Chance für ehrliche, handgemachte Pianomusik. Ich meine, die Leute stehen auf Qualität. Und gehen Sie mal in eine Bar mit CD-Musik und dann in eine mit Live-Musik. Die Atmosphäre ist völlig verschieden. Manche Wirte und Hoteliers wissen das. Nicht alle. Deshalb darf man sich keiner Illusion hingeben. Aber Barpiano wird immer ein kleines, wichtiges Mosaiksteinchen sein, das dieser Welt etwas Schönes gibt.
Seit wann komponieren Sie selbst?
Seit Reinhard Wallner mich fragte: „Komponieren Sie eigentlich?“ Die Antwort war „Nein“, aber ich hab die Frage zum Anlass genommen, es einfach mal auszuprobieren. Und es entstand als erstes der Tango „Buenos Aires“. Ich glaube ich hatte großes Glück, dass da irgendwie was Ansprechendes herausgekommen ist. Und danach hat es ja noch ein paarmal geklappt. Schau’n wir mal, wohin das Ganze noch führt…
Wie kommen Sie zu Ihren Ideen für Ihre Kompositionen?
Da gibt es zwei Herangehensweisen. Zum einen fliegen mir manchmal Ideen einfach so zu. Meistens bei irgendeiner Arbeit wie Staubsaugen. Oder im Garten. So entstand „Eisvogel“ direkt nach dem Fußballspielen mit meinen Jungs. Ich ging ins Haus und plötzlich war die Melodie vom Eisvogel da. Der ist sozusagen als „Halbzeitbaby“ entstanden. Für mich ist dann aber wichtig, dass ich die Idee sofort als Video aufnehme, sonst vergess‘ ich sie wieder. ‘Mein anderer Ansatz ist, dass ich wirklich bewusst ans Klavier gehe, um zu komponieren. Dann spiele ich um eine Idee herum und bastle ein wenig. Auch hier ist für mich wichtig, alles gleich aufzunehmen. Dann hör ich das am nächsten Tag an und entscheide, was ich weiter verwende…
Ich merke auch, dass das Hören von viel Musik das Komponieren beeinflusst. Oft fällt mir im Nachhinein auf, dass eine Passage an ein bestimmtes Stück erinnert. Vor kurzem hörte ich mit den Kindern im Auto Kindermusik und plötzlich war da eine kurze Phrase, die auch in Buenos Aires für eine Sekunde aufblitzt…
Welches ist Ihr angenehmstes Publikum?
Mein liebstes Publikum ist das, das zunächst einmal selbst eine angeregte Konversation betreibt. Und so nebenbei die vom Pianisten geschaffene Atmosphäre genießt. So soll es laut Lehrbuch eigentlich auch sein, der Klavierspieler ist im Hintergrund und schafft den stimmungsvollen Rahmen. Wenn sich die Gäste dann wohlfühlen, kommen ganz automatisch zustimmende Gesten, sie lächeln einem zu oder flüstern ein Lob in Richtung Pianist. Für mich gilt aber auch schon als Zeichen der Zustimmung, wenn die Leute bekannte Melodien mitsummen oder mit dem Fuß im Takt mitwippen.
Was ist Ihr Traum als Barpianist?
Zunächst ist es mein Wunsch, mich musikalisch weiterzuentwickeln. Ich möchte jazzig-freies Klavierspiel beherrschen, aber nicht in dem Sinn, richtige Jazzimprovisation zu betreiben, sondern eine für die meisten Leute angenehm zu hörende Lounge-Piano-Musik zu schaffen. Dies ist aber eine Lebensaufgabe, hier muss man immer weiterarbeiten.
Eine weitere Sache, die mich schon länger beschäftigt, ist dass ich mich mit anderen Barpianisten zusammentue, Gedanken und Ideen mit ihnen austausche. Dass ich mich mit wohlgesinnten Leuten vernetze, die diese Kunstform lieben und sich um das Überleben von Barpiano kümmern. Das hat jetzt durch die Zusammenarbeit mit den Wiener Barpianisten schon einen Anfang genommen. Hier bin ich Reinhard und Michaela Wallner sehr dankbar.
Und ein letztes, eher in der Ferne liegendes Ziel: Barpiano spielt sich ja auch in Hotelbars ab und ist dadurch für mich mit dem „Duft der großen weiten Welt“ verknüpft. Ich möchte irgendwann in verschiedenen größeren Städten spielen und so mein Klavierspiel mit Kurztrips dahin verknüpfen. Vielleicht darf ich ja mal Herrn Wallner in Wien für ein halbes Stündchen ablösen.
Wir freuen uns sehr, wenn Sie uns in Wien mit Ihrem Pianospiel beehren!
Herr Wallner freut sich schon Ihren Eisvogel live zu hören!